Die wichtigsten Stakeholder der Banken bei der digitalen Transformation im Finanzwesen

Die wichtigsten Stakeholder bei der digitalen Transformation im Finanzwesen

Ein gewichtiger Erfolgsfaktor bei Projekten rund um die Digitalisierung im Finanzwesen ist es, den Anforderungen der unterschiedlichen Stakeholder gerecht zu werden. Denn nur wenn diese Interessensgruppen einen klaren Mehrwert für sich und ihre Anliegen in dem Projekt erkennen, werden sie dessen Umsetzung unterstützen und der beabsichtigte Erfolg kann sich nachhaltig einstellen. Daher ist es für jedes Digitalisierungsprojekt in Banken essenziell, die Stakeholder zu erkennen, deren Bedürfnisse zu identifizieren und diese im digitalen Lösungsansatz frühzeitig zu berücksichtigen.

Wie in vielen anderen Bereichen von Wirtschaft und Industrie, birgt die digitale Transformation auch großes Potenzial für das Finanzwesen. Dies gilt sowohl für das Kreditgeschäft als auch für andere Bereiche, wie den Zahlungsverkehr oder das Wertpapiergeschäft. Laut einer Studie der Frankfurt School of Finance and Management aus dem Jahr 2016 beispielsweise, kann ein Großteil der Banken im DACH-Raum nicht die exakten Zeiten einer Antragsbearbeitung oder die damit verbundenen Prozesskosten benennen. Darüber hinaus liegen die durchschnittlichen Durchlaufzeiten von Kreditanträgen laut der Studie bei elf Tagen. Das heißt unter dem Strich: wenig Transparenz bei trägen Reaktionszeiten. Eine Ausgangslage, in der für alle Beteiligten – die Kunden, die Bank selbst und externe Dritte wie die Aufsicht – durch digitalisierte Prozesse deutliche Verbesserungen erzielt werden könnten. Doch wie gelingt es, diese und weitere Stakeholder zufrieden zu stellen?  

Die Stakeholder der Banken müssen im Fokus stehen

Die Praxis hat gezeigt, dass eine schrittweise Umsetzung eines umfangreichen Digitalisierungsprojektes eine sehr effiziente Herangehensweise an die Digitalisierung komplexer Geschäftsprozesse darstellt. Wichtig dabei: Es sollten für jeden Projektabschnitt die entsprechenden internen und externen Stakeholder identifiziert und deren wichtigste Belange erkannt und frühzeitig berücksichtigt werden. Sprich: Wie können die Personen, die von der Maßnahme oder deren Ergebnis unmittelbar betroffen sind, schnell durch den digitalisierten Prozess profitieren? Die Stimmung kann in breite Ablehnung umschlagen, wenn trotz großen Aufwandes mittelfristig kein Mehrwert erkennbar ist. Wird durch eine Modernisierungsmaßnahme aber ein konkreter Mehrwert geschaffen, steigt die Zustimmung – auch für alle Folgeprojekte.

Bei der Digitalisierung eines Kreditprozesses beispielsweise könnte die Unterstützung des Sachbearbeiters durch

  • die Bereitstellung von Kontextinformationen zur Entscheidungsunterstützung,
  • Tools zur automatisierten Cash-Flow-Berechnung oder
  • automatisch bereitgestellte Informationen aus einer externen Datenbank zum laufenden Antrag
bereits in einer frühen Projektphase zielführend sein.

Wichtige Stakeholder im Banking und ihre Bedürfnisse

Es gibt viele wichtige Personen und Interessensgruppen, die für das Gelingen eines Digitalisierungsprojektes im Bank- und Kreditwesen von Bedeutung sind. Diese unterscheiden sich je nach Größe und Ausrichtung des Finanzinstituts sowie nach Art und Umfang des Projektes. Einige grundlegende Stakeholder lassen sich aber in fast allen Projekten der digitalen Transformation finden:

Wichtige Stakeholder - digitale Transformation Banking

Der Bankkunde – Veränderte Ansprüche im digitalen Zeitalter

Die Kunden haben sich in den letzten Jahren in vielen Lebensbereichen an digitale Prozesse gewöhnt und eine entsprechende Erwartungshaltung entwickelt. Diese Erwartungen gehen heute auch im Finanzwesen über selbstverständlich gewordenen Dinge, wie mobile Benutzeroberflächen oder 24/7 Verfügbarkeit von Informationen hinaus. Themenfelder wie die Transparenz über Abläufe, die Vergleichbarkeit von Angeboten oder eine stärkere Einbindung in den Prozessablauf gewinnen zunehmend an Bedeutung.

Immer stärker im Fokus steht die positive Nutzererfahrung auch abseits des Bankschalters:

  • Verfügbarkeit der relevanten Daten über alle Kommunikations-Kanäle (Online-Portale, mobile Apps, beim Sachbearbeiter vor Ort), sowie der Wechsel der Kanäle ohne Informationsverlust: Omnichannel-Banking
  • Individuelle und innovative Produkte, die genau auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind
  • Durchgängige digitale Customer Experience, also ein nahtloser Informationsfluss vom Erst-Kontakt bis zur Bestandskundenbetreuung

Sachbearbeiter – Von der Routineaufgabe bis zum Expertenmodus

Die Interessen des Sachbearbeiters überschneiden sich in vielerlei Hinsicht mit denen des Kunden. Auch ihm ist die schnelle und zuverlässige Verfügbarkeit von Informationen und Kundendaten ein wichtiges Anliegen. Durch die applikationsübergreifende Verknüpfung von Informationen will er Zeit sparen und Fehler vermeiden.  

Die wichtigsten Anforderungen lassen sich so zusammenfassen:

  • Keine zeitraubenden Systembrüche innerhalb des Bearbeitungsvorganges
  • Einerseits Automatisierung/Unterstützung bei Routinearbeiten, andererseits genügend Freiraum für eine individuelle Bearbeitung, wenn dies nötig ist
  • Zugriff auf umfassende strukturierte Informationen im Zusammenhang mit der Kundenverbindung

Geldgeber – Mehr Wert durch Mehrwert

Die Geldgeber wägen im Sinne des Unternehmens genau ab, ob sich Investitionen in eine neue Technologie lohnen. Sie müssen nicht durch Features, sondern durch Fakten überzeugt werden. Ihnen ist vor allem daran gelegen, wie sich das Digitalisierungsprojekt auf die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens auswirken wird. Die Fragen nach der erwarteten Effizienzsteigerung, dem geplanten Projektzeitraum und dem benötigten Personal sind obligatorisch.

Es lohnt sich in diesem Zusammenhang auch mittel- bis langfristige Perspektiven stärker zu beleuchten:

  • Wie hoch ist die System-Flexibilität bei Anpassungsbedarf, beispielsweise aufgrund von regulatorischen Änderungen oder internen Prozessoptimierungen?
  • Ist die eingesetzte Technologie fit für die Zukunft, bietet sie die nötigen Schnittstellen und Cloud-Funktionalitäten?
  • Wird das Unternehmen befähigt, den Vertrieb zu stärken, beispielsweise durch die Anbindung einer Online-Plattform an die Bestandssysteme

Regulator / Audit – Vollständige Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Die Revision hat als Hüterin der Ordnungsmäßigkeit die Funktion, Sachverhalte unabhängig und objektiv zu prüfen. Sie muss feststellen, ob gesetzte Standards und Regularien in der vorgeschriebenen Weise eingehalten werden. Die daraus entstehenden Bedürfnisse spiegeln sich unter anderem in Themenfeldern wie einem nicht manipulierbaren Datenbestand und einer zuverlässigen Archivierung wider.

Für einen hohen Stakeholder-Value sollte im Bereich Audit vor allem auf diese Themenfelder geachtet werden:

  • Management und Zuweisung von Rollen und Berechtigungen, Unterstützung bei der Einhaltung des need-to-know-Prinzips
  • Lückenlose Dokumentation und Historisierung der zugrunde liegenden Daten und Sachverhalte
  • Möglichkeiten, um schnell und unkompliziert Auswertungen und Analysen vorzunehmen

Risiko Manager – Risiken frühzeitig erkennen, differenziert entscheiden

Die Erkennung und Beurteilungen von Risiken ist eine zentrale Aufgabe des Kreditgeschäfts. In Zeiten von zunehmender Regulierung ist diese Aufgabe wichtiger denn je und nimmt auch innerhalb der Banksteuerung immer mehr Raum ein. Ein zuverlässiger Datenbestand als Basis für korrekte Ergebnisse und eine angemessene Risikobewertung ist demzufolge auch für diese Interessensgruppe von immenser Bedeutung.

Im Zentrum des Interesses einer risikogerechten Prüfung und Beurteilung stehen:

  • Instrumente zur frühzeitigen/automatisierten Erkennung von Risiken und Risikotendenzen
  • Möglichkeiten, Risiko-Filter zu erstellen und risikoadjustierte Auswertungen vorzunehmen
  • Vereinfachung von Genehmigungs- und Entscheidungsprozessen im Sinne einer differenzierten und risikogerechten Entscheidungsfindung

IT-Management: Planbarkeit von der Implementierung bis zur Wartung

Das IT-Management des Finanzinstituts betrachtet Digitalisierungsprojekte naturgemäß aus einem sehr technischen Blickwinkel. Neben der Planung und Begleitung der technischen Realisierung stehen auch Aspekte wie die IT-Sicherheit und die Wartbarkeit nach Abschluss der Umsetzung im Fokus dieser Interessensgruppe.

Wichtige Kriterien aus Sicht der IT sind:

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Fazit

Bei der Umsetzung eines Digitalisierungsprojektes im Banking-Bereich gibt es Berührungspunkte mit vielen unterschiedliche Interessensgruppen. Sie alle entscheiden letztendlich darüber, ob es überhaupt zu einem Projekt kommt, welchen Umfang es haben wird und wie nachhaltig erfolgreich die Ergebnisse sein werden. Darum muss es Ziel der Projektverantwortlichen sein, frühzeitig die Stakeholder und deren Interessen zu kennen und diese in den verschiedenen Phasen der Realisierung zu berücksichtigen.

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Bildquellen: Teaser: courtneyk - 1008090940 - iStock; Infografik: knowis AG

Geschrieben von Christian Müller

Christian Müller ist Business Analyst bei der knowis AG und begleitet Kunden bei der Planung und Umsetzung von Digitalisierungsprojekten. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann und Bankfachwirt sammelte er mehrere Jahre praktische Erfahrung in der gewerblichen Kreditbearbeitung und -analyse und absolvierte anschließend ein Bachelorstudium im Bereich Business Administration.

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